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Richards Bay

Richards Bay – Affenalarm und ein Monat voller Geschichten


Es war nicht das Kreischen der Möwen, das uns an diesem Morgen weckte – sondern das Krabbeln kleiner Füsse. Als ich aus dem Bett kletterte, blickte ich direkt in das freche Gesicht eines Affen, der mich aus einem halben Meter Entfernung anstarrte.

Willkommen in Afrika! Unser Deck war von einer ganzen Horde neugieriger Affen besetzt. Sie sprangen von der Reling aufs Dach, schnüffelten in unseren Taschen und spähten in jede Luke. Offenbar waren sie auf der Suche nach Futter – und hatten dabei keinerlei Scheu. Leider hatten sie nicht nur ihre Neugier dagelassen, sondern auch… nun ja, ihre ganz eigenen „Spuren“.

Dabei hatte alles so ruhig begonnen: Am Vorabend waren wir nach einer langen Überfahrt in Richards Bay eingelaufen. Das Q Dock war voll – die ARC-Regatta belegte den Hafen. Also lagen wir Seite an Seite mit vielen anderen Seglern, alle in Wartestellung auf einen Platz in der Marina.

Der Einklarierungsprozess verlief überraschend unkompliziert – vor allem dank der herzlichen Unterstützung der südafrikanischen Segelcommunity. Über die WhatsApp-Gruppe Sail to South Africa sind Hafenmeister, Mechaniker und Segler miteinander vernetzt, und jede Frage wird blitzschnell beantwortet. So lernten wir auch Eric kennen, den wohl freundlichsten Taxifahrer der Welt, der jedem Neuankömmling mit Rat, Tat und Telefonnummer zur Seite steht.

Fünf Tage mussten wir noch am Q Dock ausharren, bis die ARC weiterzog und wir endlich in die Marina einlaufen konnten. In dieser Zeit füllten wir unsere Tanks, erledigten kleinere Arbeiten und freuten uns über Wiedersehen – zum Beispiel mit Keith und Marc.

Als wir dann endlich fest in der Marina lagen, begann eine herrliche Zeit. Schon bei unserer Ankunft überraschte uns der Yachtclub mit einer liebevollen Geste: Jede Yacht wird hier mit einer Flasche Sprudelwein willkommen geheissen – ein kleiner Funke, der sofort das Gefühl von Zugehörigkeit entzündet. Richards Bay war günstig, lebendig und ein Treffpunkt von Weltumseglern aus aller Herren Länder. Fast alle hatten den Indischen Ozean hinter sich, und abends an den Stegen flossen die Geschichten – und oft auch der Wein – in Strömen. Hier trafen wir auch Ralf aus der Schweiz wieder, den wir erstmals auf den Cocos Keeling Islands kennengelernt hatten.

Die Locals im Yachtclub nahmen uns herzlich auf, und unter ihnen befand sich eine echte Berühmtheit: Mike Rutzen, besser bekannt als der „Shark Man“. Ein furchtloser Abenteurer, der weltweit für seine spektakulären Tauchgänge mit weissen Haien bekannt ist – oft ohne Käfig. Ihn beim Bier erzählen zu hören, wie er zwischen meterlangen Raubfischen durchs Wasser gleitet, war ein Erlebnis für sich.

Ein fester Bestandteil der Yachtclub-Gemeinschaft war das wöchentliche Braai – ein typisch südafrikanisches Barbecue, das jeden Montag stattfand. Jeder brachte sein eigenes Fleisch oder Gemüse mit, legte es auf den grossen Grill, und am Ende wurde geteilt, gelacht und gefeiert, als wäre man schon ewig befreundet. Bei einem dieser Abende gab es einen besonderen Anlass: Wir feierten Erics 70. Geburtstag. Ich hatte ihm zu Ehren einen Kuchen gebacken – und das Leuchten in seinen Augen beim ersten Bissen war unbezahlbar.

In dieser Zeit lernten wir auch Ian kennen, einen erfahrenen Bootsüberführer, der Südafrika schon mehrmals umrundet hatte – in beide Richtungen. Er kannte jede Strömung, jeden Ankerplatz und auch jedes „No-Go“. Wir luden ihn und Keith zu einem gemütlichen Lasagne-Abend auf unserer Peruagus ein, und während der Duft von geschmolzenem Käse durch das Schiff zog, gab Ian uns wertvolle Tipps und Tricks für die bevorstehende Umrundung des Kaps – von sicheren Buchten bis hin zu Orten, die man um jeden Preis meiden sollte.

Natürlich knüpften wir noch weitere Freundschaften: Rebekka und Collin aus England, Helen – Keiths Partnerin –, sowie Fred und Lori aus den Niederlanden. Mit Fred und Lori verbrachten wir gemütliche Abende bei gutem Essen an Bord, mal bei ihnen, mal bei uns. Mit Rebekka, Collin, Keith und Helen feierten wir sogar ein typisch englisches Weihnachten auf unserer Peruagus: festliches Essen, traditioneller Weihnachtspudding und jede Menge lustige Spiele.

Richards Bay war für uns weit mehr als nur ein Hafen – es war ein Ort voller Begegnungen, Geschichten und herzlicher Gastfreundschaft, an dem die Weltumseglerszene für einen Moment ganz klein schien.

In diesem Monat in Richards Bay haben wir natürlich nicht nur das Meer genossen, sondern auch das Wildlife an Land erkundet. Also haben wir uns ein kleines rotes Mietauto geschnappt und sind auf eigene Faust losgezogen – Abenteuer inklusive.

Unser erster Stopp: der berühmte Hluhluwe-iMfolozi Park, das älteste Wildreservat Afrikas. Hier wurde vor Jahrzehnten das vom Aussterben bedrohte Nashorn vor dem Verschwinden gerettet. Die Landschaft ist traumhaft: sanfte Hügel, dichter Busch, weite Ebenen – genau so, wie man sich Afrika im Kopfkino vorstellt.

Schon kurz nach dem Gate tauchten die ersten Elefanten auf. Zwar noch in sicherer Entfernung, aber trotzdem beeindruckend. Danach folgten unzählige Antilopen: Steenbok, Impala und der südafrikanische Rotschulterbock. Auch Zebras und Warzenschweine stolzierten ganz lässig durch die Gegend, als wollten sie uns zeigen, dass wir hier nur zu Gast sind.

Mit unserem kleinen roten Flitzer sind wir teilweise über echte Schotterpisten gerumpelt, während wir die Köpfe neugierig aus dem Fenster gestreckt haben – auf der Suche nach den Big Five. Und tatsächlich: wir entdeckten noch mehr Elefanten und schliesslich auch den beeindruckenden afrikanischen Büffel.

Eigentlich waren wir schon auf dem Rückweg zum Ausgang, da hielt ein einheimischer Guide neben uns an und fragte: „Habt ihr die Löwen gesehen?“ Wir: „Ähm … nein.“

Er grinste nur und verriet uns, wo wir suchen sollten.

Also nichts wie hin – auch wenn unser Auto ganz sicher nicht für diesen Offroad-Trip gemacht war. Aber hey, für Löwen nimmt man das in Kauf. Und tatsächlich: da lagen sie! Keine 20 Meter neben uns dösten die Könige der Savanne. Als einer von ihnen sein riesiges Maul aufriss und gähnte, wurde uns im Bauch plötzlich etwas mulmig. Adrenalin pur! Auf derselben Strecke hatten wir dann noch das Glück, Nashörner aus nächster Nähe zu sehen. Was für ein Tag – wir fühlten uns wie Safari-Champions.

Am Abend fuhren wir weiter zu einer kleinen Lodge ausserhalb des Parks. Dort erwartete uns nicht nur ein leckeres Abendessen (zum Glück hatten wir das vorbestellt), sondern auch tierische Nachbarn: direkt neben unserem Häuschen spazierten wieder Zebras vorbei. Die Lodge hiess Bushbaby Lodge – und wie der Name schon verrät, kam am Abend tatsächlich ein kleines Bushbaby vorbei. Diese riesigen Kulleraugen im Dunkeln – einfach zuckersüss!

Am nächsten Tag ging es weiter nach St. Lucia. Dort wartete eine Bootstour auf uns, um Flusspferde – oder besser gesagt Nilpferde – aus nächster Nähe zu sehen. Und wow, wir kamen ihnen wirklich sehr nah. Diese Tiere wirken so niedlich, sind aber alles andere als harmlos. Als Bonus tauchte noch ein Krokodil auf, das reglos am Ufer lauerte.

Zum Abschluss besuchten wir die riesigen Sanddünen von St. Lucia, die wie eine Wand zwischen Land und Ozean stehen. Ein fantastischer Anblick – fast wie am Rand einer anderen Welt.

Es war ein absolut unvergessliches Wochenende. Aber am Ende waren wir beide ehrlich gesagt froh, wieder zurück nach Hause zu fahren. Denn so schön es auch war: am besten schläft man immer noch im eigenen Bett.

 
 
 

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